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TimeMap Berlin, eine „Zeitlupe“ zur Entwicklung der Hauptstadt

Im Februar haben wir über TimeMap berichtet, ein neues Tool der englischen Agentur Shoothill, mit dem sich historische Karten und Pläne in Bing Maps einblenden lassen.

Nun hat Shoothill in Kooperation mit Culture to go und dem Stadtplan-Portal alt-berlin.info von Mirko Tamkus TimeMap erstmals in Deutschland eingesetzt. Für TimeMap Berlin haben wir aus dem reichen Fundus von alt-berlin.info vier historische Karten ausgewählt, an denen sich die städtebauliche Entwicklung Berlins von der Gründerzeit bis heute besonders gut verfolgen lässt.

Eine Karte von 1869 zeigt die Situation unmittelbar vor der rasanten Stadterweiterung in den Gründerjahren.

TimeMap Berlin, Karte von 1869

Wie man sieht, erstreckten sich im heute dicht bebauten Wilmersdorf damals noch Felder und Wiesen.  Über den Fade-Schieber kann die historische Karte stufenlos ein- und ausgeblendet werden. So erkennt man zum Beispiel sehr schön, welche Straßenzüge alten Wegen folgen (Uhland- und Güntzelstraße) und welche bei der Stadterweiterung neu angelegt wurden.

Der Stadtplan von 1893 zeigt die bereits voll entwickelte Metropole Berlin, der Plan von 1926 die Situation vor den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs.

TimeMap Berlin, Karte von 1926

Besonders beeindruckend ist ein von Karl-Heinz Wirth gezeichnetes Luftbild der westlichen Innenstadtbereiche von 1957. Es zeigt den Zustand Berlins vor den großen Wiederaufbaukampagnen der 1960er und 1970er Jahre.

 TimeMap Berlin, gezeichnetes Luftbild von 1957

Die hier gezeigte Partie zwischen Nollendorf- undLützowplatz, also mitten in der City West, zeigt, dass noch zwölf Jahre nach Kriegsende ganze Blocks in Trümmern lagen.

Shoothill hat seit der ersten Version noch einmal erheblich in die Weiterentwicklung des Tools investiert. Das Design der grafischen Benutzeroberfläche ist nun sehr viel eleganter, und mit den Schiebereglern zur Einstellung von Rahmengröße und Transparenz sind zwei wichtige Funktionalitäten hinzugekommen.

Was uns an dem TimeMap-Konzept besonders fasziniert, ist die Leichtigkeit, mit der man sich durch das historische Material bewegt. Das Zusammenspiel des in Microsoft Silverlight programmierten Tools mit Bing Maps (wahlweise Luftbild oder Karte) funktioniert völlig reibungslos. Das ermöglicht eine fast spielerische Beschäftigung mit Geschichte. Hier wird authentisches Material unterhaltsam präsentiert, ein Ansatz, der sicher auch für Bildungsprojekte und Museen interessant ist.

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Veröffentlicht unter Kulturtourismus, neue Technologien

iPhone App Jardins de Versailles erobert die iTunes-Charts

Versailles, die ehemalige Residenz des Sonnenkönigs vor den Toren von Paris, gehört mit rund 10 Millionen Besuchern pro Jahr zu den meistbesuchten Sehenswürdigkeiten Europas. Titelscreen der iPhone App Jardins de VersaillesIn Kooperation mit dem Telekom-Unternehmen orange (France Télécom) hat das Château de Versailles am 5. Juli 2010 eine iPhone App zu den Gärten von Versailles veröffentlicht.

Die App, es gibt eine Version in französischer und eine in englischer Sprache, kann bis zum 20. Juli 2010 kostenlos installiert werden. Danach wird sie 1,59 Euro kosten.

Man sieht der App an, dass mit den OrangeLabs ein potenter technischer Partner beteiligt war. Offensichtlich wollte man zeigen, was mit dem Medium iPhone App heute möglich ist.

Die App bietet zunächst einen virtuellen Rundgang für Interessierte, die sich nicht (oder noch nicht) in Versailles aufhalten. Dem Besucher der Gärten werden die Informationen auf zwei Wegen präsentiert:

1.  Der Besucher kann sich über ein Luftbild orientieren und/oder frei umherspazieren. Die Application informiert ihn über ein Vibrationssignal, wenn sich ein Point of Interest (POI) in der Nähe befindet.

2. Oder er nutzt die Augmented-Reality-Ansicht und erhält die POIs in den Livestream der Smartphone-Kamera eingeblendet.

Die Medieneinheiten zu den Sehenswürdigkeiten im Park sind hochwertig und aufwendig produziert. In Videosequenzen und vertonten Slideshows kommen Kuratoren, Architekten und Gärtner zu Wort, Fotostrecken im Cover Flow vermitteln auch dem Nutzer zu Hause einen Eindruck der prachtvollen Gartenlandschaft. 

Die Application (126  MB) funktioniert vollständig offline, im Hinblick auf die vielen ausländischen Besucher, die bei online-Inhalten hohe und kaum abschätzbare Roaming-Gebühren zu erwarten hätten, sicher eine gute Entscheidung.

Screenshot aus der App PositionApp zu Gardens of VersaillesSchon in der ersten Woche nach ihrer Veröffentlichung belegt die App zu den Gärten Versailles in den Download-Statistiken beeindruckende Ränge. Nach den Charts des Analyse-Tools PositionApp  ergibt sich das folgende Bild (Stand: 13. Juli 2010):

In vier Ländern (Griechenland, Irland, Portugal und Italien) rangiert die englische Version unter den Top 300 der Gesamtstatistik, die alle Kategorien mit einbezieht.

In 20 Ländern ist diese Version  unter den Top 300 der Kategorie Education zu finden (bis auf Brasilien alles europäische Länder), in drei Ländern belegt sie den ersten Platz (Belgien, Griechenland und Irland) und in zwölf Ländern ist sie unter den Top 10 der Kategorie Education vertreten. Interessanterweise fehlt Deutschland in dieser Liste.

Die französische Version ist immerhin noch in 13 Ländern unter den Top 300 der Kategorie Education zu finden, in Frankreich selbst belegt sie Platz 3.

Soweit wir sehen, ist ein so schneller internationaler Erfolg im Bereich Museum App ohne Beispiel. Sicherlich wird das Auslaufen der Gratis-Periode am 20. Juli auch Auswirkungen auf die Downloadzahlen haben. Man wird sehen, ob schon ein sehr moderater Preis von 1,59 Euro die Platzierungen nachhaltig beeinflusst.

Abbildung der Titelseite mit freundlicher Genehmigung von Chateau de Versailles. Alle Rechte vorbehalten.

Nachtrag: Die Zeit, in der die App kostenlos heruntergeladen werden kann, wurde inzwischen bis zum 1. August 2010 verlängert.

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i-MiBAC – iPhone App zu Italiens archäologischen Stätten und Museen

Nach Frankreich (CultureClic) legt nun auch das italienische Kultusministerium (Ministerio per i Beni e le Actività Culturali; MiBAC) eine umfassende iPhone App zu den Kunstschätzen des Landes vor. Seit dem 1. Juli 2010 steht die kostenlose Application „i-MiBAC – Top 40“ in Apples App Store in einer italienischsprachigen Version zum kostenlosen Download bereit.

Sie bietet, wie der Zusatz „Top 40“ andeutet, eine begrenzte Auswahl an kulturellen Highlights: Museen, archäologische Stätten, Kirchen, Palazzi usw. Der undankbaren Aufgabe, aus dem überreichen Angebot Italiens die 40 wichtigsten Sehenswürdigkeiten auszuwählen, hat man sich mit kühler Rationalität entledigt: Aufgenommen wurden einfach die 40 meistbesuchten Institutionen und Denkmäler – die Charts mit den genauen Besucherstatistiken (und ausführlichen Hinweisen zur Erhebungsmethode) kann man über den Button „40“ jederzeit aufrufen.

Screenshot aus der App i-Mibac

Die App präsentiert das Material in Karten und Listenansichten in drei Kategorien: 25 Museen, 14 Monumente und 10 „Percorsi“, also Touren. Sie gruppieren zwischen drei und 16 Sehenswürdigkeiten, die in mehr oder weniger engem thematischem und räumlichem Zusammenhang stehen. Bei den fünf archäologischen Denkmälern an der Via Appia leuchtet das sofort ein: Man folgt der antiken Fernstraße und schaut sich die Grundmauern einer römischen Villa, Grabmonumente und ein Kolumbarium an. Bei dem „Percorso“ unter dem Titel „Castel del Monte“ führt die Reise aber von Trani bei Bari an der Adria bis Syrakus auf Sizilien, um drei Kastelle des Stauferkaisers Friedrich II. zu besuchen – sicherlich kein Sonntagsausflug. Hier wirkt die Auswahl doch etwas willkürlich, der praktische Nutzen ist beschränkt.

Screenshot aus der App i-MiBAC

Als Zugabe spendiert die i-MiBAC-Redaktion dem Nutzer noch die Rubrik „Top Secret“. Hier werden nun elf Orte vorgestellt, die im Gegensatz zu den Top 40 schlecht zugänglich sind, verspricht ein Pop-up. Das Kolosseum ist mit Detailaufnahmen von Fresken und Mosaiken vertreten, die italienischen Feuerwehr mit einem Film über die Bergung von Kunstwerken nach dem Erdbeben in den Abruzzen – ein Kessel Buntes.

In der Rubrik „Audio“ finden sich nicht etwa Audiokommentare zu den Sehenswürdigkeiten, sondern ein Dutzend kurzer Auszüge Alter Musik, die jeweils auf ein Kunstwerk bezogen sind, etwa Die Kreuzigung aus der Rosenkranzsonate von Heinrich Ignaz Franz von Biber zu einer Kreuzigung von Crespi in der Mailänder Brera.

Praktisch: Aus der App heraus kann man für den „Circuito Archeologico“ in Rom (Kolosseum, Palatin, Forum Romanum) Eintrittskarten reservieren und spart sich so das Schlangestehen. Außerdem gibt es eine News-Seite, Morphing zwischen verschiedenen historischen Zuständen, Bildstrecken, eine Facebook-Schnittstelle und die Möglichkeit, Sehenswürdigkeiten als Favoriten zu markieren.

In i-MiBAC stecken viele gute Ideen, doch es fehlte offenbar der Wille, daraus eine in sich schlüssige, für den Nutzer intuitiv erfassbare Konzeption zu formen. Das fällt natürlich besonders auf, wenn man – wie der Verfasser – am Schreibtisch sitzt und sich durch das Informationsangebot klickt. Bei einem Campari an der Piazza Navona sieht man das vielleicht etwas gelassener und geht in der Fülle an Texten und Bildern auf Schatzsuche. Ich werde es jedenfalls bei nächster Gelegenheit ausprobieren.

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Kulturführer per Near Field Communication (NFC): Großversuch in Nizza und Umgebung

International wird zur Zeit intensiv im Bereich Near Field Communication (NFC) geforscht. Bei dieser Technik tauscht  ein Mobilgerät mit einer mobilen oder stationären Schnittstelle Daten über extrem kurze Distanzen aus. Die minimale Reichweite ist immer dann interessant, wenn sicher sein muss, dass genau die richtigen Partner in Kontakt treten, etwa beim bargeldlosen Bezahlen.

Man traut dieser Technologie den nächsten großen Schub in der Mobilkummunikation zu. Denn sie könnte etwa den Wust an Plastikkarten im Portemonnaie überflüssig machen und die Abläufe an Kassen und Check-in-Schaltern erheblich beschleunigen. Praktische Bedutung hat NFC aber momentan noch nicht, weil kaum geeignete Geräte auf dem Markt sind.

In Frankreich wagt sich nun ein Konsortium aus Telekommunikationsanbietern, der Université Nice Sophia Antipolis (UNSA) und der Regionalverwaltung der Côte d’Azur dennoch an einen Großversuch mit realen Nutzern. Dabei spielt auch die Vermittlung von kulturellen Informationen eine wichtige Rolle.

Das am 26. Juni 2010 gestartete Teilprojekt CHEMIN macht das eigene Handy zum Multimedia-Guide. Wer mit einem geeigenten Handy über die in der Region verteilten NFC-Tags fährt, kann multimediale Inhalte zu den einzelnen Sehenswürdigkeiten abrufen. „Das Mobiltelefon jedes Touristen wird so zu einem neuartigen Audioguide, die Städte und Dörfer werden zu Freilichtmuseen“, heißt es in der Ankündigung der Communauté d’Agglomération de la Riviera Français. Die Informationen umfassen demnach unter anderem Audiokommentare, Texte, Fotos, Videos und Wegbeschreibungen.

Screenshot vom Portal Cityzi

Damit für dieses interessante Angebot überhaupt mit geeigneten Geräten ausgestattet Nutzer vorhanden sind, haben die beteiligten Mobilfunkfirmen Orange-France, SFR, Bouygues Telecom und NRJ Mobile ihren Kunden in Nizza rund 4.000 NFC-Handys verkauft. Unter dem Label „Cityzi“ werden entsprechend aufgerüstete Smartphones von Samsung (S5230) eingesetzt. Außerdem sind die Tags so ausgelegt, dass sie auch über einen 2-D-Tag-Reader ausgelesen werden können.

Frankreich geht mit diesem von der Regierung und der Europäischen Union geförderten Projekt im zukunftsträchtigen Bereich Near Field Communication in die Offensive. Eine Ausweitung auf den Großraum Paris ist laut NFC Times  für 2011 geplant. Sympathisch, dass von Anfang an die Information der Kulturbegeisterten gedacht wurde.

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Interview mit Roland Wagner von Visitatio: Twitter Ranking der Museen

Im heutigen Interview mit Roland Wagner, dem Geschäftsführer von Visitatio, einer Internetplattform für Sehenswürdigkeiten, geht es um das Ranking twitternder Museen.

Jörn Brunotte: Seit wann gibt es das Twitter-Ranking?

Roland Wagner: Begonnen hat Visitatio mit dem Twitter-Ranking im Februar. Innerhalb kurzer Zeit wurde diese neue Rubrik in unserem Portal ein richtiger „Hingucker“. Es hat sich herumgesprochen in der Twitter- und Webgemeinde. Das nächste Ranking gibt’s am 1. Juli, das ist übrigens der 2. Geburtstag unseres Portals!

 Wie ist die Idee entstanden?

Nun, ich habe mit Interesse monatlich das Hotel-Twitter-Ranking von www.consale.de verfolgt. Faszinierend fand ich die Dynamisierung der Twitteraktivitäten die davon für die deutsche Hotel-Landschaft ausgingen. Visitatio, das Portal für Sehenswürdigkeiten im Web, hat unter den über 17.500 Sehenswürdigkeiten, die unsere Besucher bei uns finden können, auch über 3.700 Museen erfasst. Logisch, dass ich twitternden Museen gefolgt bin. Allerdings waren es nicht wirklich viele, die zu finden waren. Ich beobachtete ihr Tun und als dann für den 1. Februar der „Follow a Museum Day“ angekündigt wurde, war es der richtige Moment, mit dem Twitter-Ranking zu beginnen.

 Welche Museen werden beim Visitatio Twitter-Ranking gelistet?

Alle Museen und ausstellenden Kunstvereine, die aktiv twittern! Wobei das Wort aktiv unterstrichen werden muss. Denn wer länger als ein Jahr schweigt, fliegt aus der Liste. Das ist in den letzten Monaten sogar schon einem recht bekannten Museum – dem Lehmbruck Museum Duisburg – passiert. Museumsportale wie museumportal, Ausstellungen oder Museumszusammenschlüsse wie Erlebnismuseen finden der Liste keinen Platz, da es uns wirklich um die Twitter-Aktivitäten der einzelnen Häuser geht.

 Welche Kriterien liegen dem Ranking zu Grunde?

In der Basis der Bewertung verwenden wir den Bewertungsservice von www.grader.com/. Dieser Dienst berechnet mit einem ausgeklügelten Algorithmus die Anzahl der Verfolger und ihre Qualitäten in mehreren Ebenen. So sind Verfolger, die selbst aktiv sind und wiederum viele aktive Verfolger besitzen, das wesentliche Kriterium. Auf diese Weise ist es denkbar, dass ein Museum, welches 1.000 Verfolger hat die, sagen wir jeweils nur von 10 Leuten beobachtet werden, schlechter platziert ist, als ein Haus mit 300 Verfolgern, denen aber 500 aktive Twitterfreunde folgen.

Da es bei diesem Ranking aber immer wieder Punktgleichstand gibt, bewertet Visitatio darüber hinaus die Aktivität des Museums über den Durchschnitt der Tweeds pro Tag. So bekommen wir eine klare Reihenfolge.

 Wie häufig findet das Ranking statt?

Einmal im Monat. Veröffentlicht wird die Liste immer in den ersten fünf Tagen des Monats.

 Gibt es eine Tendenz und Kriterien, welche Häuser mit ihren Aktivitäten auf Twitter erfolgreich sind? 

Es ist die richtige Mischung aus der genügenden Anzahl von Verfolgern und regelmäßigem „Gezwitscher“, welche für eine gute Platzierung sorgt. Eine wirkliche Erfolgsgeschichte hat da das Museum Neukölln aus Berlin vorzuweisen. Es hat erst einen Tag nach unserem ersten Ranking seinen Account eingerichtet. Einen Monat später hatten sie schon 159 Verfolger und informierten ihre Fans täglich mit durchschnittlich sechs Nachrichten. Heute haben sie 489 Verfolger und twittern nach wie vor sehr aktiv. Welchen Platz sie aktuell haben verrät die nächste Rankingliste.

 Bekommen Sie auch Feedback, etwa von den Museen?

Das wichtigste Feedback sind für uns die Besucherzahlen. Tausende Besucher unserer Seite haben sich bisher für die Rankingliste interessiert. Einige Blogs haben über unsere Liste berichtet auch die Twittergemeinde sorgt für eine schnelle Verbreitung der aktuellen Daten. Einzelne Museen haben sich mit uns direkt in Verbindung gesetzt, die Listen kommentiert, Fragen gestellt, was sie tun sollten, um sich zu verbessern oder einfach nur über ihre Platzierungen gefreut.

Eine besondere Form des Feedbacks ist es für mich, wenn Twitter-Kontakte aus ihrer virtuellen Netzanonymität ausbrechen und zu einem reale Kontakt werden. So habe ich den Direktor des Müritzeums Waren, Thomas Kohler, auf der ITB in Berlin getroffen. Es war ein sehr angeregtes Gespräch über sein Haus, unser Portal und die interessante neue Form der Kommunikation und des Marketing via Twitter.

Welche Rolle spielt nach Ihrer Einaschätzung Twitter für die Museen?

Ich möchte auch bei dieser Frage auf Thomas Kohler zurückgreifen. Auf die Frage in einem Interview: „Wenn Sie einen Museumsdirektor überzeugen wöllten, warum sollte er twittern?“ antwortete er kurz und knapp: „Kinderleicht, kein Risiko, keine Kosten“ Unter den finanziellen Zwängen, denen viele Museen ausgesetzt sind, ist diese eher kaufmännische Betrachtung des Themas Twitter sicherlich beachtenswert.

Glauben Sie, dass Twitter für Museen in Zukunft eine größere Rolle spielen wird?

Ich persönlich denke, dass noch deutlich zu wenig Museen dieses neue Kommunikationsinstrument eher aus der Distanz betrachten. Twitter ist ein qualifizierbarer (über das Einrichten von Listen) Nachrichtenticker in Echtzeit auch über Kunst, Kultur, Museen und Ausstellungen. Twitternde Museen erfahren so recht schnell was die Kollegen hier im Land und der ganzen Welt bewegt, was sie selbst bewegen und was ihnen Denkanstöße gibt. Twitter bietet Museen eine einfache Art wichtige Informationen an die Presse weiterzuleiten, wenn konventionelle Presseverteiler schon lange nichts mehr bewirken. Twitter schafft mühelos ein Netzwerk zwischen Museen, Wissenschaftlern, Journalisten und Museumsenthusiasten. Twitter ist zwar noch nicht die Plattform, um mit Museumsbesuchern zu kommunizieren, aber im Ensemble der Marketingtools für ein Museum bekommt es immer größere Möglichkeiten.

Und ganz im Ernst: Twitter ist für mich auch eine Art Gehirnjogging und Kreativtraining, welches kaum Zeit beansprucht aber einen hohen Anspruch besitzt. Für mich ist es jedesmal eine Herausforderung mit nur 140 Zeichen eine Information zu erschaffen, die viele Interessenten dazu bringt sie zu lesen und verknüpfenden Link zu klicken.

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1001 Stories – Dänemark erschließt Kulturschätze durch Social-Media-Portal

Mit dem Portal „1001 Stories of Denmark“ bietet die dänische Denkmalbehörde KULTURARV einen ganz neuen Zugang zu den Sehenswürdigkeiten des Landes. Die Seite sammelt „Geschichten“ zu kulturell interessanten Orten in Dänemark. Natürlich sind Highlights wie das ehemalige Königsschloss Christiansborg in Kopenhagen dabei, aber auch kleinere Kirchen, viele Industriedenkmäler oder auch ein einfaches Steinkreuz am Wegesrand. Zu den Cultural Heritage Sites bekommt man in der Regel ein Bild, einen Text (meist ein klassischer Kommentar zur Geschichte des Objekts) und die Vertonung des Textes durch professionelle Sprecher. Ein Großteil der Seite ist auch in einer englischen Sprachversion verfügbar. 

Zwei Aspekte heben dieses Kulturreiseportal von vergleichbaren Angeboten ab: Die Vielfalt der Zugänge und die Öffnung für die Nutzer im Sinne eines Social-Media-Portals.

Die virtuelle Reise durch die Kulturlandschaft Dänemark wird meist über das großflächige Kartenmodul beginnen. In einer eingebetteten Google Map sind die Sehenswürdigkeiten eingetragen, wo sie gehäuft auftreten, sind sie zu Gruppen zusammengefasst.

Startseite von 1001 Stories of Denmark

Man kann aber auch in einer der zahlreichen Rubriken stöbern, in denen das Material thematisch geordnet ist. Zum Thema Industriekultur etwa bietet das Portal einen längeren Einführungstext und 69 „Stories“ zu einzelnen Orten und Denkmälern. 

Schön gelöst ist der chronologische Zugang über eine „Timeline“: Hier sind alle Points of Interest nach ihrer Entstehungszeit geordnet.

Origineller – und ambitionierter – ist die Web 2.0-Komponente des Portals. Der Anfangsbestand an „Stories“ wurde von 180 professionellen Autoren, etwa den lokalen Museumsleuten, Denkmalpflegern und Historikern angelegt. Nun kann aber jeder Nutzer einen Account anlegen und eigene Geschichten einstellen oder bestehende durch Bilder, Videos, Kommentare etc. ergänzen.  So kann die gesamte interessierte Community des Landes, Kuratoren, Denkmalschützer, Historiker, Lehrer, Studenten, Stadtführer und natürlich auch Laien am weiteren Ausbau des Angebots mitwirken. 

Um diese „freien Mitarbeiter“ zu motivieren, bietet das Portal ein breites Spektrum an Social-Media-Funktionalitäten. Man kann unter anderem  kommentieren, bewerten, anderen Nutzern folgen, besuchte und für einen Besuch vorgemerkte Orte markieren.

Die Aktivitäten der angemeldeten Nutzer erscheinen in Echtzeit wie bei Twitter in einem Feed. Momentan wirkt dieses beeindruckende Instrumentarium noch etwas überdimensioniert. Der professionell erstellte, qualitativ hochwertige  Anfangsbestand an Informationseinheiten dominiert das Portal sehr deutlich.

1001 Stories of Denmark ist Ende Mai 2010 gestartet. Die eigentliche Bewährungsprobe, das Funktionieren als echtes Social-Media-Portal über einen längeren Zeitraum, steht also noch aus.

Dänemarks aufwendiges Kulturportal, in das rund 1 Million Euro Fördergelder geflossen sind,  hat gute Aussichten, diesen schwierigen Sprung zu schaffen und könnte dann Vorbild für andere Regionen und Länder sein.

Kurioserweise ist es bislang mobil kaum nutzbar, weil eine für Smartphones optimierte mobile Version fehlt – oder eine 1001 Stories of Denmark App fürs iPhone und Android-Geräte.

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Historische Fotos spektakulär präsentiert: Churchill als Deep Zoom

Das Imperial War Museum in London hat auf seiner Website mit einem „Deep Zoom“ zu Winston Churchill eine neuartige Form vorgestellt, historische Bilddokumente medial zu vermitteln.

Seit dem späten 19. Jahrhundert sind wichtige historische Ereignisse und Persönlichkeiten in unzähligen Bildern dokumentiert – Porträtaufnahmen, Pressefotos, Filme, Schnappschüsse … Dieses faszinierende Material, das Museen und Fotoarchive verwahren, liegt zunehmend auch in digitalisierter Form vor. Es für ein breites Publikum zugänglich zu machen, stellt allerdings eine echte Herausforderung dar.

Der klassische Ansatz, das Material über eine Bilddatenbank zu erschließen, befriedigt zwar das Informationsbedürfnis von Forschern und interessierten Laien. Die sinnlichen und emotionalen Aspekte, die zur Beschäftigung mit Kultur und Geschichte motivieren, kommen dabei aber zu kurz.

Mit der neuen Aufbereitung des umfangreichen Bildmaterials zu Winston Churchill hat das militärhistorische Museum in London eine radikal andere Herangehensweise gewählt. Wer die Rubrik Churchill Deep Zoom aufruft, gelangt nach einem Intro mit Erläuterungen zur Reproduktion eines legendären Fotos: Es zeigt den feixenden Churchill in Kreidestreifenanzug, mit Melone und Zigarre, die Maschinenpistole unter den Arm geklemmt.

Erst wenn man (über die Bedienelemente links oder das Scrollrad der Maus) näher heranzoomt, erkennt man, dass sich das Bild aus Hunderten von Einzelaufnahmen zusammensetzt. Die Bilder liegen in hochauflösenden Scans vor und lassen sich auf Fensterbreite vergrößern.

Verschiedene Zoomstufen

So kann man intuitiv durch die „Bildwelt“ des großen britischen Premiers navigieren. Gelegentlich sind sogar Videoaufnahmen mit eingebunden. Ein Teil des Materials wir an dieser „Tribute Wall“ erstmals publiziert.

In der oberen rechten Ecke jedes Bildes erscheint ein kleiner Rahmen mit einer Silverlight Tag Cloud, die aus den Metadaten der Bilder generiert wird. Klickt man auf ein Tag, „fliegt“ man zum nächsten mit diesem Schlagwort verknüpften Bild.

Der Erkenntnisgewinn, den der Deep Zoom verschafft, mag etwas begrenzt erscheinen. Jedenfalls macht es Spaß, über die virtuelle Bilderwand zu surfen, und es macht neugierig. Das liegt nicht zuletzt an der technisch und ästhetisch brillanten Umsetzung des Projekts durch die auf Silverlight-Anwendungen spezialisierte  Agentur Shoothill aus Shrewsbury.

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Interview mit Daniela Bamberger: Social Media Strategie des Städel Museum

Nach meinem letzten Interview mit dem Leiter des Museums Neukölln
habe ich heute ein Interview mit Daniela Bamberger, der Content Managerin
des Städel Museums in Frankfurt a.M., geführt. Die studiere Medienwissenschaftlierin ist dort seit rund 2 Jahren für die Nutzung der Social Media zuständig:

Jörn Brunotte: Auf welchen Social-Media-Plattformen ist das Städel Museum vertreten?

Daniela Bamberger: Das Städel Museum hat Accounts auf: YouTube, Flickr, Twitter, Facebook, Friendfeed, Lifestream und einen Blog zum Erweiterungsbau des Museums für die Präsentation von Kunst nach 1945.

Welche Rolle spielt das Medium Bild in Ihrer Social-Media-Strategie?

Neben der Videogalerie auf der Städel-Website hat das Städel seit Dezember 2008 einen eigenen Kanal auf YouTube. Dieser Kanal enthält 23 vom Städel produzierte Videos. Diese sind der Kategorie Bildung zugeordnet und werden auch direkt in das Städel-Blog eingebunden. Der Städel-Film zur Erweiterung wurde in den letzten acht Monaten über 5.000 mal angeschaut.

Seit Anfang 2009 führen wir einen Fotostream auf Flickr. Zu Veranstaltungen und Aktionen des Städel werden Alben angelegt. Zu jedem Foto ist ein kurzer Text mit Link zur Städel-Website oder zum Städel-Blog beigefügt. Flickr dient der Präsentation der Aktivitäten des Städel. Die Inhalte können hier von anderen Nutzern bewertet, kommentiert und getagt werden.

In dem Microblogging-Dienst Twitter ist das Städel sehr aktiv. Wie setzen Sie dieses Medium ein?

Auf Twitter ist das Städel seit Januar 2009 vertreten. Es werden Informationen zu Veranstaltungen, Ausstellungen und Einblicke in die tägliche Arbeit am Städel „getwittert“. Pro Monat kommen im Durchschnitt 100 neue Follower („Abonnenten“) hinzu. Hierbei kann man mit den Nutzern in einen unmittelbaren Austausch treten und bekommt somit direktes Feedback.

Und Facebook?

Facebook ist die führende Plattform zum Aufbau persönlicher, sozialer Netzwerke. Seit Anfang 2009 ist das Städel Museum hier mit einer Fanseite vertreten. Neben Basisinformationen zu Haus und Öffnungszeiten werden gezielt an die junge Benutzergruppe angepasste Veranstaltungen, Führungsformate und Workshops auf der Seite eingestellt. Der Facebook-Account ist mit Twitter, Flickr und YouTube verknüpft, sodass beispielsweise ein „Tweet“ automatisch auf der Pinnwand der Facebook-Seite erscheint. Die Fans des Städel Museums können angeben, ob sie eine Veranstaltung besuchen und sehen welche ihrer Freunde ebenfalls an dieser Veranstaltung teilnehmen.

Wie behalten Sie, wie behalten Ihre Leser bei all diesen Aktivitäten den Überblick?

Wir nutzen Friendfeed und Lifestream. Das sind Aggregator-Tools, in die die Updates aus unseren Social Network-Seiten via RSS-Feed ausgelesen werden. Der Nutzer kann somit alle Web Aktivitäten des Städel Museums auf einer Seite verfolgen. Der Vorteil dieser Applikationen besteht in der Streuung der eigenen Inhalte bei sehr geringem Pflegeaufwand.

Wenn Sie auf Ihre bisherigen Erfahrungen zurückblicken: Worin liegen aus Ihrer Sicht die Chancen der Sozialen Medien für die Museen?

Die Museen bekommen dadurch eine größere Visibilität, und zwar unabhängig von Werbemaßnahmen zu Ausstellungen. Sehr wichtig finde ich die direkte Ansprache und den Austausch mit Interessenten, also mit Fans auf Facebook oder den Followern auf Twitter. Die Kunstinteressierten „finden“ ein Museum recht schnell im Internet und auf den Sozialen Netzwerkseiten, ein besonderes Erlebnis ist es aber, wenn Menschen uns oder auch andere Museen zufällig entdecken, dieser „Oh, Ihr seid ja auch hier, das finde ich toll“-Effekt motiviert uns und bindet neue Fans ans Museum.

Ist das nicht mit einigem Aufwand verbunden?

Schon, aber gerade für kleinere Museen mit wenig Budget für Plakatierung, Flyer etc. können die Sozialen Netzwerke auch eine kostengünstige Kommunikation nach Außen und der Programmvermittlung darstellen.Man kann in zeitgemäßer Form zeigen, wie vielfältig ein Museum ist.

Wie funktioniert das konkret, etwa bei Facebook?

Die Pinnwand dient dem direkten und unkomplizierten Austausch mit Fans. Feedback ist sehr wichtig, um laufende Prozesse ständig zu optimieren. Lob hören wir natürlich auch sehr gerne, das spornt an für die nächsten Projekte. Die Funktionen „teilen“, „gefällt mir“, „Freunden empfehlen“ finde ich sehr praktisch, denn mit nur einem Klick werden die Updates aus dem Städel an Freunde weiterempfohlen. Unsere „Updates“ gelangen hier direkt in die Nachrichtenströme der User, darin sehe ich einen größeren Vorteil als bei einem Newsletter, der z. B. alle Veranstaltungen eines Monats auflistet.

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Prado Museum mobil: Websites für iPhone und Android

Seit dem Relaunch seiner Website verfolgt das Museo del Prado  in Madrid mit Unterstützung der spanischen Telefongesellschaft  Telefónica eine ambitionierte Online-Strategie.  So können die Besucher der Seite in einer Datenbank mit über 3.000 Bildern recherchieren. Sie enthält hochauflösende Scans, die selbst kleinste Strukturen des Farbauftrags wiedergeben. Eine kleine Auswahl dieser Werke kann auch direkt aus Google Earth heraus betrachtet werden.

Screenshot: Museo del Prado in Google Earth

Bilder aus dem Prado in Google Earth

Nun wendet sich das Museo del Prado dem Thema mobiles Internet zu. Im Gegensatz zu vielen anderen Museen setzt es dabei nicht auf eine Museum App, die über iTunes oder die App Stores der anderen Smartphone-Systeme vertrieben wird, sondern auf eine für die mobile Nutzung optimierte Version der Website. Wer etwa mit dem Browser seines iPhones www.museodelprado.es ansteuert, gelangt seit dem 21. Mai 2010 auf  eine stark reduzierte, für das schmale Display optimierte Site. Auch für Android-Smartphones gibt es eine spezielle Site.

mobile Website des Museo del Prado (iPhone)

mobile Website des Museo del Prado (iPhone)

Neben Hinweisen auf aktuelle Ausstellungen und praktischen Informationen bietet die mobile Seite einige Videos und Auswahllisten für Besucher, die sich 1, 2 oder 3 Stunden im Museum aufhalten möchten. Für den einstündigen Besuch etwa werden 15 Meisterwerke vorgestellt. Zu jedem Werk gibt es einen kurzen Text und einen Audiokommentar.

Schaut man ein Video an oder ruft eine Station des Audioguides auf, öffnet sich der Quicktime Player bildschirmfüllend – die Benutzerführung kommt der einer typischen iPhone-App in vielen Punkten recht nahe.

In manchem Detail ist das Angebot etwas spröde ausgefallen. So muss sich der Besucher den Weg von Meisterwerk zu Meisterwerk anhand von Saalnummern und der üblichen gedruckten Broschüren selbst suchen. Und die multimedialen Inhalte könnten, wenn sie im Museum online genutzt werden, die Datentransferkontingente und die Geduld der Besucher schon etwas strapazieren. Insgesamt ist aber eine solche browsergestützte Lösung, zumal, wenn sie so konsequent auf die Bedingungen des mobilen Endgeräts zugeschnitten ist, sicherlich eine interessante Alternative zu einer Museum App.

Projektvorstellung auf der Website des Prado (spanisch)

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Mercedes-Benz Museum testet iPad in Sportwagenausstellung

Die Daimler AG und das hauseigene Mercedes-Benz Museum in Stuttgart setzen seit einiger Zeit auf unterhaltsame Gratis-Apps für das iPhone, um ihre Zielgruppen zu erreichen. So gibt es die Schätze der eigenen Sammlung als „Quartett“ – inhaltlich unprätentiös, aber durchgestylt wie ein Hochglanzprospekt.

Noch bevor die ersten iPads in Deutschland erhältlich sind, hat das Mercedes-Benz Museum diesen Ansatz für Apples Tablet-PC weiterentwickelt. Anlässlich der Sonderausstellung „Supersportwagen“ können die Besucher eine neue iPad-App auf drei Geräten testen. Einen ersten Eindruck vermittelt das Video von iFUN.de:

Im Cover Flow durch die Exponate blättern, den Originalsound der Sportwagen hören, interaktive Elemente wie das virtuelle Gaspedal, üppig bebilderte Texte im Magazin-Layout – wer über die Zukunft der Besucherinformation nachdenkt, bekommt hier viele interessante Anregungen. Offen bleibt vorerst die Frage, ob sich diese Geräteklasse sinnvoll als mobiles Medium einsetzen lässt. In Stuttgart liegen die heiß begeherten Tablets an der Leine.

Mercedes-Benz Museum iPad-App

Mercedes-Benz Museum iPad-App

Nachtrag:

Die besprochene App ist nun auch bei iTunes für iPhone und iPad erhältlich.

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