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Smithsonian Commons – Michael Edson zur visionären Webstrategie der Smithsonian Institution

Die 1829 gegründete Smithsonian Institution in Washington ist mit 28 Sammlungen und Forschungseinrichtungen der größte Museumskomplex der Welt. Zu ihr gehören etwa die National Portrait Gallery, das American Art Museum und das Museum of Natural History, aber auch der Washingtoner Zoo oder ein astronomisches Forschungszentrum.

Traditionell versteht sich die Smithsonian Institution als Pionier in Sachen medialer Vermittlung des Wissens über die vielfältigen Objekte in ihren Sammlungen. So zählt Nancy Proctor, die Leiterin der Abteilung für New Media Initiatives, zu den führenden Expertinnen für den Einsatz mobiler Medien im Museumsbereich.

Unter Leitung von Michael Edson hat die Stiftung im vergangenen Jahr eine Rahmenkonzeption vorgelegt, wie die Präsenz der Smithsonian Institution in den digitalen Medien völlig neu gedacht werden kann. Unterstützt wurde sie dabei von der Agentur NavigationArts. Sie hat gestern ein ausführliches (47 Minuten langes) Video-Interview online gestellt, in dem CEO Leo Mullen mit seinem Auftraggeber über die neue Strategie spricht.

Im Zentrum der Strategie steht ein neues Portal, das die digitalen Bestände der angeschlossenen Einrichtungen bündelt. Der Titel „Smithsonian Commons“ verweist schon auf den Kerngedanken des neuen Konzepts: Es geht im Wesentlichen darum, die Schätze der Stiftung, die über 140 Millionen Objekte betreut, der Allgemeinheit zugänglich zu machen. Das heißt auch, dass Interessierten die Möglichkeit gegeben wird, diese Inhalte für ihre (nicht kommerziellen)  Zwecke zu verwenden und sie so in reale und virtuelle Netzwerke einzuspeisen.

Als erstes Arbeitsergebnis dieser Neuausrichtung wurde ein Prototyp von Smithsonian Commons ins Netz gestellt. Hier sind noch keine Informationen zu den Sammlungen und Beständen zu finden. Die Seite dient lediglich dazu, die Konzeption einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen und Gelegenheit zur Diskussion zu geben. Faszinierend sind die kurzen Videoclips auf der Startseite. In ihnen wird das neue Angebot aus Sicht von vier prototypischen Nutzern (Museumsbesucher, Lehrer, Netzwerker und Amateurexperte) vorgestellt.

Dieser ganz an den Bedürfnissen der Nutzer ausgerichtete Ansatz folgt einem Trend, der etwa auch bei den großen Stadtportalen zu beobachten ist (siehe VisitBerlin Beta). Ein Blick auf die aktuelle Homepage der Smithsonian Institution genügt, um zu ermessen, welche Herkulesaufgabe es sein wird, ihn konsequent umzusetzen.

Executive Summary des Strategiepapiers
Das ausführliche Strategiepapier
Öffentliches Wiki des Projektteams
Blog Smithsonian 2.0

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Mobile Tagging vor dem Durchbruch?

In unserem Blogpost „QR-Codes im Museum“ haben wir über die Möglichkeiten berichtet, 2-D-Codes in Museen und Ausstellungen einzusetzen. Eine entscheidende Frage dabei ist, ob das Publikum mit der noch recht neuen Praxis des Mobile Tagging zurechtkommt.

ScanLife, ein Abieter von Barcode-Scanning-Applikationen, hat nun neue Zahlen veröffentlicht, die darauf hinweisen, dass die mobile Nutzung grafischer Codes vor dem Durchbruch steht. Die Auswertung global erhobener Nutzungsdaten (UPC/1-D- und 2-D-Scans) zeigt ein expotenzielles Wachstum in den letzten Monaten.

Statistik Traffic Mobile Scanning von ScanLife

Für Europa relativiert sich das Bild, wenn man sich die regionale Verteilung anschaut. Die USA und Kanada sind stark überdurchschnittlich vertreten, in Europa nimmt Großbritannien eine führende Stellung ein.

Statistik Regionen Mobile Scanning von ScanLife

Interessant ist auch das soziodemografische Profil der Nutzer: Die Verteilung über die Alters- und Einkommensgruppen ist relativ ausgewogen. Mobile Scanning ist also nicht nur bei wohlhabenden, jüngeren Trendsettern verbreitet. Frauen spricht es allerdings deutlich weniger an als Männer.

Statistik Demografie Mobile Scanning von ScanLife

Noch erreichen Kultureinrichtungen mit Mobile Tagging nur einen Bruchteil ihrer Zielgruppen. Bei der hohen Dynamik, die die Zahlen von ScanLife erkennen lassen, ist durchaus möglich, dass in zwei bis drei Jahren das Einlesen von 2-D-Codes mit dem Smartphone zu einem selbstverständlichen Teil des Alltagslebens geworden ist.

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„It was a relief to turn it off“ – NYT nimmt sich Museums-Apps zur Brust

Screenshots von Museums-AppsSmartphone Applikationen für die Besucher von Museen und Ausstellung sind kein ganz neues Phänomen mehr. Bei den ganz großen Playern wie dem Louvre, dem MOMA oder der Londoner National Gallery werden sie fast schon erwartet, inzwischen bieten aber auch kleinere Häuser wie das Bible Lands Musuem in Jerusalem oder das Museum der Bildenden Künste in Leipzig iPhone Apps an.

Edward Rothstein, Musik- und Kunstkritiker der New York Times, hat sich mit seinem iPhone auf den Weg gemacht und diverse Museums Apps einem Praxistest unterzogen. Sein lesenswerter Erfahrungsbericht fällt für diese neue Kategorie von Besucherinformations-Systemen wenig schmeichelhaft aus.

Viele Apps bieten, kritisiert Rothstein, nicht wesentlich mehr als in anderen Medien (klassische Audioguides, Objektbeschriftungen …) ohnehin vorhanden ist. Die Bedienung sei oft umständlich, das Informationsangebot sporadisch, der Mehrwert mancher Funktionen nicht erkennbar.

„Stellen Sie sich vor, Sie stehen vor einem Exponat, ausgestattet mit einer App, die Ihren Standort erkennt, von selbst schon genau die richtige Information bereithält. Vielleicht bietet sie Informationenzu den historischen Hintergründen oder Links zu anderen Werken, die auf irendeine Weise mit dem Exponat in Verbindung stehen, vielleicht auch Links zu einem fundierten Kommentar. So könnte zu jedem Exponatzu eine eigene Ausstellung entstehen, gespickt mit unterschiedlichen Erzählungen und feinsinnigen Assoziationen.“ Vor dem Hintergrund dieser Idealvorstellung erscheint die Bestandsaufnahme in der Tat ernüchternd. Museums Apps sind gegenwärtig noch ein Medium in den Kinderschuhen, meint Rothstein.

Es ist allerdings fraglich, ob eine ebenso kritische Betrachtung etablierterer Medien – vom kiloschweren Sammlungkatalog über das Pappschildchen neben dem Exponat bis zum klobigen Audioguide mit Nummerneingabe – zu einem wesentlich positiveren Ergebnis führen würde.

Was nun ansteht, ist meines Erachtens weniger die Weiterentwicklung zu der von Rothstein erträumten App, die alle technischen Potenziale des Mediums ausreizt. Wichtiger erscheint mir, (zunächst) an den vielen offenen Usability-Fragen zu arbeiten und zu Standardlösungen zu  gelangen, die einen echten Mehrwert bieten.

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Hightech in Cluny – virtuelle Rekonstruktion der berühmten Klosteranlage

Im Mittelalter gehörte die Benediktiner Abtei im burgundischen Cluny zu den einflussreichsten Institutionen der Christenheit. In ganz Europa schlossen sich über tausend Klöster der Abtei an, die unmittelbar dem Papst unterstand und sich besonders streng an die Regula des Ordensgründers Benedikt hielt.

So entstand in Cluny, im Zentrum dieses Netzwerkes einer der großartigsten mittelalterlichen Kirchenbauten. Nach den Zerstörungen der Französischen Revolution sind davon nur noch wenige Reste erhalten geblieben.

2010 feiert Cluny das 1.1oo. Jubiläum der Klostergründung. Aus diesem Anlass hat die französische Zentralverwaltung der nationalen Kulturdenkmäler (Centre des monuments nationaux, CMN) zwei Projekte initiiert, die darauf abzielen, die verlorenen Bauten virtuell wiedererstehen zu lassen.

In einem mehrjährigen Kooperationsprojekt zwischen der CMN, der Pariser Hochschule Arts et Métiers-Paristech und der Firma On-situ entstand ein detailliertes digitales 3-D-Modell der Kirche. Daraus wurde ein hochauflösender 3-D-Film produziert, der einen Gang durch das Gebäude simuliert.

http://www.dailymotion.com/video/xcykf1

(Ausschnitt aus dem 3-D-Fim)

Außerdem wurden auf dem Gelände an drei Stellen bewegliche Bildschirme installiert, mit denen der Besucher die virtuelle Rekonstruktion des verlorenen Baubestandes als Augmented Reality in die reale Ansicht einblenden kann.

http://www.dailymotion.com/video/xaj5zv

(Video zur AR-Station auf dem Turm von Cluny).

Technisch wirken die massiven, um zwei Achsen schwenkbaren Flatscreens nicht eben elegant, dafür haben sie gegenüber einer Smartphone-gestützten Lösung den Vorteil, dass alle Besucher sie problemlos nutzen können.

Das Projekt „Cluny 2010“ hatte ein Gesamtbudget von 23 Mio. Euro (inklusive einer Ausstellung und umfangreichen Restaurierungsarbeiten). Die Veranstalter haben die Chance genutzt, auch bei der medialen Vermittlung große, zukunftsweisende Lösungen zu erproben. Damit untermauert die französische Kulturverwaltung ihren Anspruch (siehe unseren Beitrag zur iPhone App CultureClic), im Bereich Kunst und Medien zur Avantgarde zu gehören.

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QR-Codes im Museum

QR-Code zu Culture to go Blog - Kultur und MedienMan findet sie in Zeitungsanzeigen, auf Plakaten, Verpackungen und dem Online-Ticket der Deutschen Bahn: QR-Codes, kleine quadratische Muster aus schwarzen und weißen Kästchen. Sie verlinken für die Nutzer internetfähiger Mobiltelefone die reale mit der digitalen Welt. Über die Handy-Kamera wird der 2-D-Code eingelesen und von einem QR-Reader decodiert. Ist in dem QR-Code eine URL verschlüsselt (es kann auch ein Text, eine Telefonnummer oder eine Adresse sein), gelangt man mit einem Klick zu einer (hoffentlich) für Mobilgeräte optimierten Internetseite.

Inzwischen nutzen auch Museen diese Technologie, um ihren Besuchern Informationen über das mobile Internet zur Verfügung zu stellen. In Deutschland hat das Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM) in Karlsruhe eine Vorreiterrolle übernommen. In der Ausstellung Imagining Media @ ZKM sind alle Werke mit einem QR-Tag versehen. Die mobile Website zur Ausstellung bietet ein umfangreiches Informationsangebot zu Werken und Künstlern.

ZKM mobile Seite der Ausstellung Imagining Media @ ZKM

Etwas weniger ambitioniert, aber im Hinblick auf Übertragbarkeit und Wirtschaftlichkeit durchaus interessant, sind zwei Anwendungen von QR-Codes in den USA und Österreich. Das Fenimore Art Museum (Cooperstown, NY) hat QR-Codes in die Ausstellung zur amerikanischen Volkskunst integriert. Die Tags verlinken auf die Einträge eines Blogs, in dem Kurator Paul D’Ambrosio einzelne Werke ausführlich bespricht.

Das Museum möchte damit, wie Kuratorin Michelle Murdock erläutert, nicht nur Informationen vermitteln, sondern den Besuchern auch die Möglichkeit geben, ihre eigenen Gedanken und Empfindungen zum Ausdruck zu bringen. Über die Kommentarfunktion des Blogs ist dies leicht möglich.

Das Kärntner Freilichtmuseum Maria Saal setzt seit Juni 2009 QR-Codes ein. Die Informationen zu den Gebäuden und Exponaten auf dem Freigelände sind in einem „QR-Wiki“ auf der Website des Museums hinterlegt. (Wiki beschreibt hier allerdings nur die Technik des Redaktionssystems, die Beiträge wurden selbstverständlich von den Mitarbeitern des Museums erstellt.)

QR-Wiki des Kärntner Freilichtmuseums Maria Saal

In beiden Fällen sind die Inhalte also auch für die Nutzer des stationären Internets zugänglich. Blog und Wiki sind nicht vollständig für mobile Endgeräte optimiert. Das ließe sich nur über ein teures Transcoding oder spezielle Plugins (die nicht für jedes Blogging-System zur Verfügung stehen) erreichen. Zumindest auf einem iPhone ist die Darstellung von Text und Bild aber durchaus zufriedenstellend (siehe Abb.).

Die genannten Beispiele veranschaulichen das Potenzial der QR-Codes für die Besucherinformation in Museen und Ausstellungen: Der technische Aufwand ist minimal, das Informationsangebot lässt sich sehr flexibel gestalten und um interaktive Elemente erweitern. In der Ausstellung selbst ist keine besondere Infrastruktur notwendig. QR-Codes sind gewöhnliche Grafiken, die in Objektbeschriftungen oder Tafeln integriert werden können. Wie so oft liegt auch hier der Teufel im Detail, wie Seb Chan berichtet (und Update), der QR-Codes im Powerhouse Museum in Sydney eingesetzt hat.

QR-Codes im Powerhouse Museum in Sydney

Damit die Tags auch von älteren Geräten mit schwacher Kamera sicher gescannt werden können, sollten sie ausreichend groß und gut ausgeleuchtet sein, was zu Konflikten mit den ästhetischen Ansprüchen des Ausstellungsdesigns führen kann.

Ob sich die Möglichkeiten der 2-D-Tags in der Praxis ausschöfpen lassen, hängt im Wesentlichen davon ab, ob sich QR-Codes im Alltagsleben durchsetzen werden. Momentan erreicht man mit QR-Codes in Europa nur einen Bruchteil des Publikums. Im Kärntner Freilichtmuseum sind es nach Auskunft des Direktors Dr. Johann Schwertner etwa 5-8% der Besucher. Denn um die Tags nutzen zu können, müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein: Der Besucher muss ein internetfähiges Handy/Smartphone besitzen, einen QR-Reader installiert haben und wissen, wie man ihn bedient (vgl. die Studie von Prof. Urban zur Akzeptanz von QR-Codes). Andererseits entwickelt sich die Nutzung des mobilen Internets rasant, und die Verzahnung von realer Umwelt und digitalen Inhalten ist dabei ein wichtiger Motor.

Wir werden den Einsatz von mobile Tagging in Museen weiterhin aufmerksam verfolgen und sind für Hinweise auf entsprechende Projekte dankbar.

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Akzeptanz von Smartphone-Guides im Museum steigt

Die Idee ist einfach und schlagend: Statt teure Audioguide-Geräte anzuschaffen und mit hohem Personalaufwand an die Museumsbesucher auszuleihen, kann man die Mobiltelefone einsetzen, die ohnehin jeder in der Tasche hat. Am einfachsten geht das bei Smartphones wie dem iPhone: Das Museum produziert eine Application und bietet sie im passenden App-Store (z.B. iTunes App Store, Android Marketplace) kostenlos oder gegen eine geringe Gebühr an.

Für die Museen ist dies sicherlich eine elegante Lösung: Es entfällt die gesamte „Gerätewirtschaft“ und die oft sehr langfristige Bindung an entsprechende Dienstleister. Noch besitzt nur ca. jeder zehnte Besucher ein geeignetes Smartphone, die Verbreitung von iPhone & Co. nimmt aber stark zu.

Doch sind die Besucher überhaupt bereit, ihre Mobiltelefone als Museum-Guides einzusetzen? Die Ergebnisse einer umfangreichen Besucherbefragung, die das San Francisco Museum of Modern Art (SFMOMA) durchgeführt hat, deuten darauf hin, dass die Akzeptanz für diese Lösung deutlich gestiegen ist.

In den (insgesamt sehr interessanten) Folien zu seinem Vortrag auf der 2010 Handheld Conference an der Londoner Tate Modern präsentiert Peter Samis die folgende Statistik:

Device Preference, Statistik SFMOMA 2010

Demnach ist seit 2008 der Anteil der Besucher, die angaben, am liebsten das eigene Gerät für eine Museumsführung nutzen zu wollen, bei den Nutzen der angebotenen Führungen von 5% auf 12% gestiegen, bei den Besuchern, die von der angebotenen Führung keinen Gebrauch machten, von 15% uaf 46%.

Die Untersuchung wurde von Fusion Research + Analytics durchgeführt.

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32.000 Werke – MoMA geht mit seiner iPhone App in die Vollen

iPhone App MOMA - WerkeintragSeit dem 12. August 2010 ist auch das Museum of Modern Art (MoMA) in New York mit einer kostenlosen Application für das iPhone im iTunes App Store vertreten. Der vom Digital Media Department des MoMA entwickelte Führer setzt ganz auf den Aspekt Informationsvermittlung.

Das Informationsangebot reicht von kurzen Katalogeinträgen  zu über 32.000 (!) Werken der Sammlung bis zu Audiobeiträgen für verschiedene Zielgruppen. Hier wurden die bereits vorhandenen, bisher über  iTunes U und MoMA Audio veröffentlichten Serien Modern Voices, Modern Kids, MoMA Teen Audio und Visual Description (für Sehbehinderte) übernommen. Hinzu kommen ausführliche Hinweise auf Veranstaltungen und Ausstellungen sowie die üblichen praktischen Informationen zu Öffnungszeiten, Preisen und Serviceangeboten.

Das Material ist über hierarchisch gestaffelte Listen nach vielfältigen Kriterien wie Standort, Sammlung, Medium oder Künstler erschlossen. In der weitgehend einheitlichen Informationsarchitektur, die auf Apple-typische Spielereien wie Coverflow oder Auswahlrädchen ganz verzichtet, findet man sich schnell zurecht. Gelegentlich ist der Weg zur Information dadurch aber recht staubig geraten, etwa wenn man sich zu einem Künstlernamen über drei Unterseiten vorkämpfen muss.

iPhone App MoMA Künstlerverzeichnis

Die Museums-App ist offensichtlich als Instrument für wissbegierige Besucher gedacht, weniger als digitale Imagebroschüre für die attraktive Zielgruppe der Smartphone-Nutzer.  

Bei dem gewaltigen Umfang des präsentierten Materials kam selbstverständlich nur eine online-basierte Lösung in Frage; die Bilder und Audiobeiträge werden erst beim Aufruf über das mobile Internet geladen. Vorbildlich: Das MoMA bietet in allen Räumen einen kostenlosen WLAN-Zugang an. Das verkürzt die Ladezeiten und ermöglicht auch Besuchern mit einem ausländischen Mobilfunkvertrag, die App zu nutzen, ohne horrende Roaminggebühren zahlen zu müssen.

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Aaron Radin über das Geschäftsmodell der Museum-App-Plattform Toura

Die 2009 gegründete Agentur Toura (New York und London) bietet Museen und Kultureinrichtungen eine webbasierte Plattform an, mit der sie Apps für das iPhone und andere Smartphones weitgehend eigenständig erstellen können. In einem Videobeitrag von Reuters erläutert Mitgründer Aaron Radin die technische Konzeption und das Geschäftsmodell von Toura:

YouTube Preview Image

Erträge will Toura vor allem aus einer Beteiligung von 50% an den Verkaufserlösen der Apps erzielen. Momentan sind bei iTunes acht Toura-Apps mit einem Durchschnittspreis von 2,42 EUR gelistet. Aaron Radin, der zuvor u.a. für CBS und Walt Disney gearbeitet hat, will versuchen, über Vertriebs-Partnerschaften in deutlich größere Dimensionen vorzustoßen, um die Anfangsinvestitionen von 1,5 Millionen USD einzuspielen und Toura (aktuell acht Mitarbeiter) nachhaltig am Markt zu etablieren.

Für Museen ist Toura sicherlich eine interessante Alternative zur aufwendigen Entwicklung einer eigenen Museums-App durch einen Dienstleister. Allerdings ist ein deutlicher Trend zu erkennen, Museums-Apps kostenlos anzubieten, um damit möglichst viele (junge, gutsituierte) Smartphone-Nutzer für das Museum zu interessieren. Angebote wie die aktuelle Toura-App zur Summer Exhibition der Londoner Royal Academy für 4,99 EUR werden es in diesem Umfeld schwer haben, Käufer zu finden.

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Mit der App EMSCHERKUNST.2010 „Inseln für die Kunst“ entdecken

In einem Gastbeitrag stellt Ulrike Schmid von u.s.k die Smartphone-App EMSCHERKUNST.2010 vor.

App Emscherkunst.2010 für Android-SmartphonesBei der Suche nach einem Kulturprogramm während meiner Stippvisite im Ruhrgebiet bin ich nicht nur auf das Projekt EMSCHERKUNST.2010 an sich gestoßen, sondern auch auf deren App für iPhone und Android. Entdeckt habe ich diese App nicht etwa im App-Store, sondern durch eine Anzeige zu diesem Projekt. Das finde ich sehr bemerkenswert, denn noch immer werden die verschiedenen Kommunikationsmittel viel zu selten miteinander vernetzt.

Zum Kunstprojekt
Unter dem Titel „Eine Insel für die Kunst“ werden in acht Ausstellungsräumen entlang des Flüsschens Emscher 20 Arbeiten von 40 Künstlern gezeigt. Diese Werke befassen sich mit der Umgebung und sind unter Einbeziehung derselben entstanden.

Zur Applikation
Die App EMSCHERKUNST.2010 dient zur Orientierung entlang der Emscher und ist zugleich Ausstellungsführer des gleichnamigen Kunstprojekts. Der Download ist kostenlos.

Die App ist klar strukturiert und sehr übersichtlich. Ausgehend von der Startseite hat man die Auswahlmöglichkeiten Übersichtskarte, Projekt, Kontakte, Touren oder Information. Ähnlich Reitern einer Homepage bleiben diese Überpunkte stets präsent, egal welchen Menüpunkt man auswählt.

Screenshot aus der iPhone-App Emscherkunst.2010

Die Unterpunkte geben zunächst nur einen kurzen, prägnanten Überblick und erlauben dann die einfache Weiterführung, was die App als sehr übersichtlich erscheinen lässt.

Wählt man etwa zunächst den Menüpunkt „Karte“ aus, erhält man einen Überblick über alle acht Standorte der Kunstwerke bzw. Ausstellungsräume, über die Fahrradstationen sowie die Informationszentren. Auf der Karte können die entsprechenden „Ausstellungsräume“ direkt angeklickt werden. Ein Klick auf die „6“ führt beispielsweise in den Menüpunkt „Projekte“. Hier erfährt man dann in einer Überblicksdarstellung, welche Künstler und welche Arbeiten einen am Ausstellungsraum 6 erwarten. Auch ein kleiner visueller Eindruck des Kunstwerks wird vermittelt. Durch einen Klick auf den orangen Pfeil neben der Kurzbeschreibung erhält man weitergehende Informationen zum Projekt, kann weitere Bilder dazu ansehen und mehr über die Künstlerin oder den Künstler erfahren. Der „Zurück“-Button ermöglicht es auf unkomplizierte Weise wieder zur vorherigen Seite zu gelangen.

Screenshot aus der iPhone-App Emscherkunst.2010

Ich finde den Grad der Vernetzung innerhalb der einzelnen Menüpunkte zwischen Künstler, Ausstellungsraum und Karte sehr gut und übersichtlich gelöst.

Wer mehr über mögliche Touren (zu Fuß, per Rad oder Schiff) erfahren möchte oder an allgemeinen Informationen interessiert ist, muss zurück ins Hauptmenü.

Auch im „Vor-Ort-Einsatz“ hat mich die App völlig überzeugt. Dank der GPS gestützten Standortermittlung konnte ich mich nicht nur problemlos auf der Emscherinsel zurechtfinden, sondern habe sogar die Anreise damit geplant. Ich habe nicht nur alle gewünschten Ausstellungsräume problemlos gefunden, sondern konnte dann auch noch just in dem Moment, als ich mehr über Künstler und Kunstwerk erfahren wollte, auch mehr erfahren.

Eine durch und durch durchdachte App, die einfach anzuwenden ist und viele Informationen bietet.

EMSCHERKUNST.2010 wurde verlängert und ist jetzt noch bis 11. September 2010 zu sehen.

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Interview mit Ulrike Schmid zur Studie „Museen und Orchester im Social Web“

Ulrike Schmid ist Inhaberin der Kommunikationsberatung u.s.k., die Kultur-PR und Social Media verknüpft. Seit drei Jahren befasst sie sich mit dem Thema Social Web für Kultureinrichtungen. Sie ist Sprecherin der stART.10 und des KulturInvest Kongresses 2010. Zur Zeit arbeitet sie u.a. an einer umfangreichen Studie zum Auftritt von Museen und Orchestern in den Sozialen Medien.

Jörn Brunotte: Womit befasst sich Ihre Studie „Museen und Orchester im Social Web“?

Ulrike Schmid: Die Studie untersucht die Web-2.0-Aktivitäten von Orchestern und Museen und zwar nicht nur anhand von Follower- und Fanzahlen. Mich interessiert vielmehr, wie Kultureinrichtungen das Social Web in ihre Kommunikation einbinden, ob sie Gespräche mit ihren Stakeholdern führen und wie diese Gespräche aussehen.

Was war der Anlass zu der Studie?
Anlass war, dass im vergangenen Jahr die Zahl der Kultureinrichtungen, die Profile bei Twitter, YouTube, Flickr und Facebook angelegt haben, exorbitant zugenommen hat. Daher stellte sich mir die Frage, ob Kultureinrichtungen nun auch tatsächlich das Social Web für sich entdeckt haben. Und wenn ja, wie sehen ihre Aktivitäten aus? Inwieweit betrachten die Kultureinrichtungen das Social Web auch als Mitmach-Web? Hat ein Social-Media-Engagement mit der Größe des Hauses zu tun? Diese und andere Fragen waren der Grund, die Studie zum Thema „Museen und Orchester im Social Web“ durchzuführen.

Wie haben Sie die Museen respektive Orchester ausgewählt?
Eine Bemerkung vorweg: An der Gegenüberstellung Orchester und Museen reizte mich, herauszufinden, ob es Unterschiede in der Kommunikation gibt. Also welche Inhalte, auf welche Art und Weise im Social Web kommunizierbar sind, und auch, ob es Unterschiede in Bezug auf das Renommee der Einrichtungen gibt.
Die Auswahl der Orchester war relativ einfach. Ich habe diejenigen in die Untersuchung einbezogen, die bei der Deutschen Orchestervereinigung gelistet sind.
Bei den Museen war es schon etwas schwieriger. Laut Deutschem Museumsbund gibt es 6.500 Museen. Da ich augrund dieser Masse, nicht bei allen 6.500 Musen nachschauen konnte, wer im Social Web präsent ist, musste ich eine Auswahl treffen. Ich habe zunächst auf die sehr umfangreiche Liste deutscher Museen bei Wikipedia zurückgegriffen und dann im nächsten Schritt festgelegt, dass ich nur die Museen in die „enger Auswahl” nehme, die bei Google mindestens 50.000 Einträge haben.
Bei kleineren Einrichtungen, die mir erst im Laufe des Beobachtens und Vergleichens aufgefallen sind, habe ich diejenigen zusätzlich mit aufgenommen, die mindestens 100 Follower bei Twitter und/oder Fans auf der Facebook-Fanseite haben (Stichtag war der 10. Februar). Geblieben sind 90 Museen und 21 Orchester, die Social Media in ihre Kommunikation einbinden.

Wie haben Sie die Studie konkret durchgeführt?
Nachdem ich die Museen und Orchester mit Social-Media-Präsenz ermittelt hatte, habe ich mir die einzelnen Profile bzw. Kanäle angesehen. Ich habe je nach Profil spezifische Untersuchungskriterien aufgestellt und bin Museum für Museum, Orchester für Orchester durchgegangen. Am Beispiel Twitter sah das etwa so aus: Anzahl Follower; Anzahl Following, Biografie, Twitterer bekannt, Hintergrundbild, Profilbild, wie oft gelistet, Anzahl Tweets insgesamt, letzter Tweet, Anzahl Tweets/Tag; Anzahl Tweets/Woche, Inhalt Tweet, Anzahl der Retweets, Interaktion, Sprachwahl, Nutzung Hashtags, „Kurioses, Besonderes, was auffällt“, verwendete Sprache. Aus den Ergebnissen dieser Kriterien ergibt sich dann meine Analyse und Einschätzung. Ergänzend habe ich Interviews mit einigen Repräsentanten durchgeführt, die zusätzlich ganz konkrete Tipps und Empfehlungen aus der Praxis geben. Gerade durch die Interviews werden oftmals Handlungsmuster der Museen und Orchester deutlich.

Und wie haben Sie diese Interviews geführt?
Bis auf eines (das war schriftlich) habe ich alle Interviews persönlich oder telefonisch durchgeführt. Die Interviews fließen allerdings nicht in die Auswertung der Studie ein, sondern haben ergänzenden Charakter.

Welche Erkenntnisse hat die Studie bisher im Hinblick auf die Nutzung von Social Media ergeben?
Auffallend finde ich, dass die meisten Einrichtungen nur ein bis maximal zwei Plattformen nutzen und dass die entsprechenden Profile nur selten untereinander vernetzt sind. Von diesen Plattformen sind Facebook, Video-Portale und Twitter die beliebtesten. Von der Nutzung verschiedener Social-Media-Profile, und damit einer zielgruppenspezifischen Ansprache, scheinen Kultureinrichtungen also noch weit entfernt zu sein.
Schaut man sich die einzelnen Profile näher an, fällt auf, dass wenige tatsächlich Konversation betreiben. Ein wirklicher Dialog zwischen Museum/Orchester und Stakeholdern findet nur selten statt.

Gibt es signifikante Unterschiede zwischen Museen und Orchestern?
Nein, signifikante Unterschiede in der Qualität der Kommunikation zwischen Museen und Orchestern konnte ich bisher noch nicht feststellen.
Lediglich in der Wahl der Plattformen gibt es einen kleinen Unterschied. Während bei Orchestern, nach Facebook, die Video-Portale an zweiter Stelle der Beliebtheitsskala stehen, ist es bei den Museen Twitter.
Die Zahl der Orchester, die nur auf einer Plattform präsent ist, liegt auch wesentlich höher (rund 52 %), während es bei den Museen nur 34 % sind; d.h. das Gros der Museen ist bei zwei oder noch mehr Plattformen präsent.

Wenn Sie ein Zwischenfazit ziehen: Was ist wichtig, damit kulturelle Institutionen das Social Web erfolgreich nutzen können?
Die Fähigkeit zuzuhören und das Gespräch mit den Fans/Freunden zu suchen, sie einzubinden, ihnen interessante Inhalte zu bieten, einen Blick hinter die Kulissen zu zulassen und nicht nur Veranstaltungsankündigungen los zu werden.

Welches Feedback haben Sie von den untersuchten Häusern erhalten?
Viele der Häuser wissen ja (noch) gar nicht, dass sie untersucht wurden. Die Namen werde ich in Kürze veröffentlichen.
Ein Feedback gab es in erster Linie von den Häusern, deren Repräsentanten ich befragt habe. Alle sechs Häuser haben auf meine Interviewanfrage äußerst positiv reagiert. Andere Museen und Orchester haben dann reagiert, wenn sie im entsprechenden Blogpost positiv erwähnt wurden.
Kultureinrichtungen, die weder auf eine Nachfrage noch eine Interviewanfrage reagiert haben, waren die Ausnahme.

Ihre Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen, wie lange werden Sie die Arbeit an der Studie fortsetzen?
Ich denke, dass ich die Studie spätestens bis zur stARTconference abgeschlossen haben werde. Denn dort werde ich sie ja auch vorstellen.
Anders verhält es sich mit den Interviews. Diese Reihe würde ich gerne fortsetzen. Da bin ich auch offen für Anfragen.

Münden die Ergebnisse in einer Publikation?
Einen Teil der Ergebnisse habe ich bereits in Form von Blogposts auf meinem Blog publiziert. Es wird aber auch auf jeden Fall ein E-Book geben. Aufgrund der Fülle der gesammelten und nicht-veröffentlichten Daten ist auch die individuelle Überprüfung eines Auftritts einer Kultureinrichtung denkbar, um gegebenenfalls Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten.

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Veröffentlicht unter Museen, Social Media