Im heutigen Interview mit Roland Wagner, dem Geschäftsführer von Visitatio, einer Internetplattform für Sehenswürdigkeiten, geht es um das Ranking twitternder Museen.
Jörn Brunotte: Seit wann gibt es das Twitter-Ranking?
Roland Wagner: Begonnen hat Visitatio mit dem Twitter-Ranking im Februar. Innerhalb kurzer Zeit wurde diese neue Rubrik in unserem Portal ein richtiger „Hingucker“. Es hat sich herumgesprochen in der Twitter- und Webgemeinde. Das nächste Ranking gibt’s am 1. Juli, das ist übrigens der 2. Geburtstag unseres Portals!
Wie ist die Idee entstanden?
Nun, ich habe mit Interesse monatlich das Hotel-Twitter-Ranking von www.consale.de verfolgt. Faszinierend fand ich die Dynamisierung der Twitteraktivitäten die davon für die deutsche Hotel-Landschaft ausgingen. Visitatio, das Portal für Sehenswürdigkeiten im Web, hat unter den über 17.500 Sehenswürdigkeiten, die unsere Besucher bei uns finden können, auch über 3.700 Museen erfasst. Logisch, dass ich twitternden Museen gefolgt bin. Allerdings waren es nicht wirklich viele, die zu finden waren. Ich beobachtete ihr Tun und als dann für den 1. Februar der „Follow a Museum Day“ angekündigt wurde, war es der richtige Moment, mit dem Twitter-Ranking zu beginnen.
Welche Museen werden beim Visitatio Twitter-Ranking gelistet?
Alle Museen und ausstellenden Kunstvereine, die aktiv twittern! Wobei das Wort aktiv unterstrichen werden muss. Denn wer länger als ein Jahr schweigt, fliegt aus der Liste. Das ist in den letzten Monaten sogar schon einem recht bekannten Museum – dem Lehmbruck Museum Duisburg – passiert. Museumsportale wie museumportal, Ausstellungen oder Museumszusammenschlüsse wie Erlebnismuseen finden der Liste keinen Platz, da es uns wirklich um die Twitter-Aktivitäten der einzelnen Häuser geht.
Welche Kriterien liegen dem Ranking zu Grunde?
In der Basis der Bewertung verwenden wir den Bewertungsservice von www.grader.com/. Dieser Dienst berechnet mit einem ausgeklügelten Algorithmus die Anzahl der Verfolger und ihre Qualitäten in mehreren Ebenen. So sind Verfolger, die selbst aktiv sind und wiederum viele aktive Verfolger besitzen, das wesentliche Kriterium. Auf diese Weise ist es denkbar, dass ein Museum, welches 1.000 Verfolger hat die, sagen wir jeweils nur von 10 Leuten beobachtet werden, schlechter platziert ist, als ein Haus mit 300 Verfolgern, denen aber 500 aktive Twitterfreunde folgen.
Da es bei diesem Ranking aber immer wieder Punktgleichstand gibt, bewertet Visitatio darüber hinaus die Aktivität des Museums über den Durchschnitt der Tweeds pro Tag. So bekommen wir eine klare Reihenfolge.
Wie häufig findet das Ranking statt?
Einmal im Monat. Veröffentlicht wird die Liste immer in den ersten fünf Tagen des Monats.
Gibt es eine Tendenz und Kriterien, welche Häuser mit ihren Aktivitäten auf Twitter erfolgreich sind?
Es ist die richtige Mischung aus der genügenden Anzahl von Verfolgern und regelmäßigem „Gezwitscher“, welche für eine gute Platzierung sorgt. Eine wirkliche Erfolgsgeschichte hat da das Museum Neukölln aus Berlin vorzuweisen. Es hat erst einen Tag nach unserem ersten Ranking seinen Account eingerichtet. Einen Monat später hatten sie schon 159 Verfolger und informierten ihre Fans täglich mit durchschnittlich sechs Nachrichten. Heute haben sie 489 Verfolger und twittern nach wie vor sehr aktiv. Welchen Platz sie aktuell haben verrät die nächste Rankingliste.
Bekommen Sie auch Feedback, etwa von den Museen?
Das wichtigste Feedback sind für uns die Besucherzahlen. Tausende Besucher unserer Seite haben sich bisher für die Rankingliste interessiert. Einige Blogs haben über unsere Liste berichtet auch die Twittergemeinde sorgt für eine schnelle Verbreitung der aktuellen Daten. Einzelne Museen haben sich mit uns direkt in Verbindung gesetzt, die Listen kommentiert, Fragen gestellt, was sie tun sollten, um sich zu verbessern oder einfach nur über ihre Platzierungen gefreut.
Eine besondere Form des Feedbacks ist es für mich, wenn Twitter-Kontakte aus ihrer virtuellen Netzanonymität ausbrechen und zu einem reale Kontakt werden. So habe ich den Direktor des Müritzeums Waren, Thomas Kohler, auf der ITB in Berlin getroffen. Es war ein sehr angeregtes Gespräch über sein Haus, unser Portal und die interessante neue Form der Kommunikation und des Marketing via Twitter.
Welche Rolle spielt nach Ihrer Einaschätzung Twitter für die Museen?
Ich möchte auch bei dieser Frage auf Thomas Kohler zurückgreifen. Auf die Frage in einem Interview: „Wenn Sie einen Museumsdirektor überzeugen wöllten, warum sollte er twittern?“ antwortete er kurz und knapp: „Kinderleicht, kein Risiko, keine Kosten“ Unter den finanziellen Zwängen, denen viele Museen ausgesetzt sind, ist diese eher kaufmännische Betrachtung des Themas Twitter sicherlich beachtenswert.
Glauben Sie, dass Twitter für Museen in Zukunft eine größere Rolle spielen wird?
Ich persönlich denke, dass noch deutlich zu wenig Museen dieses neue Kommunikationsinstrument eher aus der Distanz betrachten. Twitter ist ein qualifizierbarer (über das Einrichten von Listen) Nachrichtenticker in Echtzeit auch über Kunst, Kultur, Museen und Ausstellungen. Twitternde Museen erfahren so recht schnell was die Kollegen hier im Land und der ganzen Welt bewegt, was sie selbst bewegen und was ihnen Denkanstöße gibt. Twitter bietet Museen eine einfache Art wichtige Informationen an die Presse weiterzuleiten, wenn konventionelle Presseverteiler schon lange nichts mehr bewirken. Twitter schafft mühelos ein Netzwerk zwischen Museen, Wissenschaftlern, Journalisten und Museumsenthusiasten. Twitter ist zwar noch nicht die Plattform, um mit Museumsbesuchern zu kommunizieren, aber im Ensemble der Marketingtools für ein Museum bekommt es immer größere Möglichkeiten.
Und ganz im Ernst: Twitter ist für mich auch eine Art Gehirnjogging und Kreativtraining, welches kaum Zeit beansprucht aber einen hohen Anspruch besitzt. Für mich ist es jedesmal eine Herausforderung mit nur 140 Zeichen eine Information zu erschaffen, die viele Interessenten dazu bringt sie zu lesen und verknüpfenden Link zu klicken.